Glasstele mit Farbverlauf von preuß. Blau zu Tyrianieschem Pupur und Faksimile-Inschrift eines Zitats von Elise Hampel. Ein Vorbild für Zivilcourage als starker Akzent in den Stadtraum gesetzt. Für Elise und Otto Hampel endlich ein würdiger Gedenkort als Inspiration für heute.
Einladung zur Ausschreibung einer Gedenkstele (Material und Maße waren vorgegeben) für das Ehepaar Hampel auf dem Rathausvorplatz im Wedding.
In seinem letzten Roman Jeder stirbt für sich allein schildert Hans Fallada den authentischen Fall des Weddinger Ehepaars Otto und Elise Hampel, das Postkarten-Flugblätter gegen Hitler ausgelegt hatte und daraufhin denunziert und hingerichtet worden war.
Im oberen Bereich der Glasstele ist auf der Höhe 185 – 200 cm über deren gesamte Breite ein zweizeiliger Schriftzug von Elise Hampel ausgeführt. (Quelle: Bundesarchiv). Auf dieser Höhe ist das Glas im roten Farbton transluzent.
Der Schriftzug selbst ist farblos – die Umgebung bzw. der Himmel scheint durch die Schrift hindurch.
Im Bereich des Farb-Übergangs von Preußisch-Blau zu Tyrianischem Purpur sind die erkennungsdienstlichen Polizeifotos von Elise und Otto Hampel vom Oktober 1942 (auf Höhe 120 cm, ca. 12,5 cm hoch), 2 Faksimiles von Postkarten und das Hochzeitsfoto der Hampels von 1937.
Unter den Bildern und den dazugehörigen Bildunterschriften ist die vorgegebene Inschrift in einem blockartig gesetzten Textband eingearbeitet. Ein deutlicher Absatz wird nach den Erläuterungen zu den historischen Personen Elise und Otto Hampel zum Abschnitt über die Genese des Falladaschen Romans eingefügt. Fallada hatte zwar die Original- Akten des Falles vorliegen, diese jedoch stark fiktionalisiert.
Diese Inschriften sind im opaken Teil des Preußisch Blauen Bereichs (wie auch die Bilder) eingelasert. Sie werden auf der anderen Seite in englischer Sprache ausgeführt und sind beidseitig störungsfrei lesbar. Elise Hampels Schriftzug erscheint auf der „englischen“ Seite spiegelverkehrt. Eine Übersetzung hierfür wird dem englischen Textband hinzugefügt.
FARBGEBUNG:
Der Farbverlauf symbolisiert die Entwicklung und Veränderung der Wahrnehmung Hampels in Bezug auf die herrschenden Nationalsozialisten, bis hin zu dem von ihnen in Kauf genommenen direkten Konflikt mit dem diktatorischen System. Preußisch Blau* wurde gewählt, da es sich um eine Farbe handelt, deren Name (und deren technische Eigenschaften) mit positiven Attributen in Verbindung gebracht wird. Das Ereignis des Todes von Hampels Bruder als Soldat in Frankreich 1940 ließ das Ehepaar von treuen Mitläufern der Nazis zu verzweifelten und mutigen, dabei aber auch völlig isolierten Widerständigen werden. Sie entfernten sie sich zunehmend innerlich von ihrem bisherigen Leben und riskierten dieses durch das Verteilen ihrer selbstverfassten Nachrichten an zufällige Finder. Der farbige Übergang markiert diese Entwicklung.
Das Tyrianische Purpur steht traditionell für Machtdemonstration und politische Stärke. In dieser eher dunklen Ausführung erinnert es aber auch an die Lebensgefahr, in die sich das Ehepaar begab. In dem Schreckenssystem von Gehorsam und Überwachung haben die allermeisten Menschen die von den Hampels verteilten Nachrichten umgehend bei der Polizei abgeliefert. Schließlich wurden Hampels denunziert und zum Tode verurteilt. Für das Verständnis der Botschaft der Stele ist diese Detailkenntnis zum Kontext der konkreten Farbwahl nicht notwendig – die Gestaltung unterstützt hier subtil den zu vermittelnden Inhalt.
ORIGINAL-ZITAT:
Die Handschrift Elise Hampels mit dem Ausruf „Die Hitlerei bedeutet in der Welt Gewalt geht vor Recht!“ zeigt die Einfachheit, Klarheit und Unbedingtheit mit der Hampels das von ihnen empfundene Unrecht kommunizierten. „Hitlerei“ ist ein sehr zeitbezogener und heute eher sperriger Begriff. Er macht auf den ersten Blick deutlich, worum es den Eheleuten ging. Auch die Form der Handschrift Elise Hampels verdeutlicht klar den Zeitbezug. Klar ist auch ihre Analyse, dass die Gefahr, die von dieser menschenverachtenden Diktatur ausgeht, für weit mehr Menschen als nur arische Deutsche lebensbedrohlich war. Bis heute bitter aktuell ist der genannte Zusammenhang von Gewalt und Recht: da wo Gewalt sich vor Recht stellt, ist alles Leben bedroht.
Die Gestaltung der Stele möchte mit ihrem farbigen Leuchten auf dem neuen hellen Vorplatz des Rathauses Wedding ein historisches Vorbild für Zivilcourage als starken Akzent im Stadtraum einfügen und Elise und Otto Hampel endlich einen würdigen Gedenkort als Inspiration für heute geben.
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