vorwärts nach weit | Kubus Hannover

Die Licht-Kästen verlaufen unter der Decke hängend an dieser zunächst in paralleler Anordnung entlang, um dann den Blick in Richtungen lenken, die zum architektonischen Raumkonzept schief stehen. Die Zentrierung und Verlaufsform des geometrischen Blicks wird hier in verschiedene Richtungen diffundiert.

Rauminstallation mit Kati Gausmann und Alexandra Schumacher

 

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Fotos: Astrid Busch

 

Vorwärts nach weit oder der Raum im Raum
von Dr. Maxi Berger (Ausschnitt)

(…) Stefka Ammon greift das Thema der Blickführung und Perspektivierung im Kubus auf. Der Raum des Kubus selbst ist rechteckig, fensterlos und wird durch symmetrisch angeordnete kreisrunde Oberlichter mit Tageslicht versorgt. Mit der Längsachse des Raumes verlaufen die in den Decken befestigten Leuchtstoffröhren,die mit rechteckige Kästen verkleidet sind. Wenn man den Raum durch den Eingang betritt, dann richtet sich der Blick nicht in Laufrichtung der Kästen mit Leuchtstoffröhren, sondern der Blick wird durch diese Kästen begrenzt, dennoch bleibt die Raumordnung streng geometrisch.

Diese Kästen verlaufen unter der Decke hängend an dieser zunächst in paralleler Anordnung entlang, um dann aber den Blick in Richtungen lenken, die zum architektonischen Raumkonzept schief stehen. Die Zentrierung und Verlaufsform des geometrischen Blicks wird in verschiedene Richtungen des Raumes diffundiert, zuerst die Wände herunter, dann auf den Boden, wo sie sich kreuzen, auseinander laufen und im Unbestimmten enden. Indem die Raumordnung durch diesen Eingriff demontiert wird, passiert auch etwas mit der darin angelegten Blickführung: Stefka Ammon führt den Blick in den vorgegebenen Bahnen aus den vorgegebenen Bahnen heraus ins Unbestimmte. Was dort zu sehen ist, ist aber nicht nichts, sondern es sind wiederum die Skulpturen bzw. Zeichnungen der anderen beiden Künstlerinnen, an die sie die Erfahrung des zu Erfahrenden damit zurückverweist: die Verdichtung von Raum und Zeit in den Zeichnungen Kati Gausmanns und dem Ursprung des Räumlichen in den Raumskulpturen von Alexandra Schumacher.
Und was heisst das für unsere Ausgangsfrage – Was kann man an den Skulpturen erfahren und was kann man an dieser Erfahrung erklären?
Das Thema aller drei Künstlerinnen ist die Ungebundenheit des menschlichen Blicks, der menschlichen Anschauung in der Verdichtung von Zeit und Raum, in der Demontage des Raums und in der Demontage von Perspektive. Zugleich bleibt aber diese Erfahrung der Ungebundenheit des menschlichen Blicks auch an die Objekte gebunden, durch die sie erfahrbar gemacht werden. Die Freiheit des ästhetischen Blicks definiert sich nicht im luftleeren Raum, sondern in der Auseinandersetzung mit dem Raum, in der Arbeit mit ihm und an ihm. Erst durch die Skulpturen, durch die Erfahrung ihrer materiellen Bedingtheit hindurch wird der Raum als ästhetisch-künstlerische Kategorie im Kubus als architektonischem und musealem Raum überhaupt in den Blick gerückt.
Die Paradoxie dieser Erfahrung, Gestaltungsmöglichkeiten, Freiräume nur dadurch erfahrbar machen zu können, dass sie sich von dem, was nicht gestaltbar ist, abgrenzen, ist dann die Metapher einer realen Paradoxie: sich in einem Leben voller Verpflichtungen und Zwänge nicht einfach abzulenken, sondern sich der Erfahrung zu stellen, dass es eben auch anders gehen könnte.

 

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